Wie Personalisierung das Engagement verdoppelt

Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, wie viel Zeit der durchschnittliche Leser täglich auf einer regionalen Zeitungswebsite verbringt? Statistisch gesehen, entspricht diese Zeitspanne gerade einmal der Zeit, die Sie benötigt haben, um bis zu diesem Punkt dieses Artikels zu gelangen, nämlich 7 Sekunden. Wenn regionale Zeitungen wirklich das Interesse ihrer Nutzer nachhaltig wecken wollen, dann reichen diese knappen Sekunden nicht aus. Medienunternehmen brauchen kluge Strategien, um die Nutzungsdauer ihrer digitalen Angebote zu steigern. Haben Sie es schon einmal mit Personalisierung probiert? 

Die Relevanz von Personalisierung 

Die Startseite eines Nachrichtenportals ist für viele treue Nutzer die erste Anlaufstelle. Doch leider führt dies nicht immer zu einer tiefgehenden Nutzung. Tatsächlich erreicht nur die Hälfte der Nutzer den zehnten Artikel, der auf der Startseite vorgeschlagen wird. Das bedeutet, dass ein Großteil des angebotenen Contents von den Nutzern überhaupt nicht wahrgenommen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Angebot für den Nutzer relevant ist, schwindet somit rapide. Und genau das erklärt, warum Nutzer im Durchschnitt nur 7 Sekunden pro Tag auf Nachrichtenportalen verbringen. Sie finden keine spannenden Inhalte und verlassen die Website schnell wieder. 

Hier kommt die Personalisierung ins Spiel: Wenn es gelingt, die Vorschläge auf der Startseite an die individuellen Interessen der Nutzer anzupassen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese sich für die Inhalte interessieren und mehr Zeit auf dem Portal verbringen. Dies ist keine bloße Theorie, sondern wurde in Experimenten im Rahmen des DRIVE-Projekts eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Personalisierte Artikelvorschläge wurden fast doppelt so häufig angeklickt wie Top-Artikel auf dem Portal. Dies führte auch zu einer deutlichen Steigerung der Verweildauer auf der Website, die im selben Experiment um 17% gesteigert werden konnte. 

Personalisierung im DRIVE-Projekt 

Im DRIVE-Projekt haben wir uns die letzten zweieinhalb Jahre intensiv mit Personalisierung auseinandergesetzt. Wir sammeln hier Verhaltensdaten von Nutzern auf über 50 Webportalen von regionalen Zeitungsverlagen. Aus diesen Daten können wir individuelle Themeninteressen der Nutzer berechnen und diese für die Personalisierung von Artikelvorschlägen nutzen. Dabei haben sich in den Tests insbesondere drei Arten der Personalisierung bewährt: 

  1. Themenbasierte Personalisierung:
    Artikel werden hier auf Basis von Themeninteressen der Nutzer vorgeschlagen. Die Themen sind hierbei nicht fix, sondern passen sich dynamisch an den Verlag und die Nachrichtenlage an. Wenn wir in den Daten bspw. sehen, dass ein Nutzer gerne Artikel zu einem lokalen Fußballverein liest, schlagen wir ihm die aktuellsten Artikel zu diesem Verein vor. Das geschieht vollautomatisch mithilfe von KI-Algorithmen, die sich alle Artikel durchlesen. Ein händisches Tagging  durch die Redaktion ist nicht nötig.
     
  2. Geo-Personalisierung:
    insbesondere für regionale Publisher ist auch eine geobasierte Personalisierung spannend, denn sie decken z.T. große Verbreitungsgebiete ab. Nicht alle Regionen sind dabei für alle Nutzer von Interesse. Daher haben wir einen Algorithmus entwickelt, der aus den gelesenen Artikeln eines Nutzers eine regionale Präferenz, für bspw. eine bestimmte Gemeinde, ableiten kann und vollautomatisiert passende aktuelle Artikel aus der Lieblingsregion eines Nutzers vorschlägt.
     
  3. Performance-basierte Vorschläge:
    was vielen Nutzern gefällt, kann nicht schlecht sein: Das machen wir uns zunutze und schlagen Artikel vor, die generell gut performen, also bspw. in den letzten 6 Stunden die meisten Klicks hatten. Hier ist es essentiell, nur Artikel anzuzeigen, die der Nutzer noch nicht gelesen hat, damit die Vorschläge relevant bleiben.
     

Die Algorithmen laufen vollautomatisiert in der DRIVE-Infrastruktur, die es uns erlaubt individuelle Nutzerpräferenzen und darauf basierende personalisierte Vorschläge in Echtzeit zu berechnen und auf den Portalen der Verlage auszuspielen. Um Personalisierung erfolgreich einsetzen zu können, ist die technische Infrastruktur ebenso wichtig, wie die passenden Algorithmen. Bei DRIVE können sich die Verlage auf die technische Expertise von SCHICKLER verlassen. Sie müssen nur unsere Schnittstelle anschließen, um den Rest kümmern wir uns. 

Die personalisierten Vorschläge kommen an mehreren Stellen zum Einsatz: 

  1. Zur Individualisierung der Startseite 
  2. Als Sprungmarken in und unter Artikeln, um die Nutzer zu weiteren für sie spannenden Artikeln zu leiten 
  3. Als Sprungmarken in Newslettern 

Die Effekte dieser personalisierten Vorschläge können wir messen. Mit Personalisierung unter Artikeln ist es uns beispielsweise in einem Experiment gelungen, die Sessions einer bestimmten Nutzergruppe (Nutzer, die das Portal selten besuchen, dann aber viel Zeit verbringen, diese nennen wir bei DRIVE „High-Usage-Irregulars“) im Vergleich zur Baseline (Top-Artikel) zu verlängern. Gleichzeitig bleiben mehr Nutzer auf dem Portal, nachdem sie die personalisierten Vorschläge sehen (diese Kennzahl nennen wir bei DRIVE „Stickiness“). 

 

Personalisierung – ein Ausblick

Was können wir von der Personalisierung für Publisher in den nächsten Jahren noch erwarten? Wir sind überzeigt, dass Personalisierung ein elementarer Bestandteil digitaler Angebot werden wird. Die Vorteile sind zu groß, als dass sich die Personalisierung ignorieren ließe. Webdienste und E-Commerce-Plattformen sind heute schon in sehr hohem Maße personalisiert und zeigen die Richtung auf. Für Medienunternehmen gelten hier aber andere Regeln, denn hier bleibt die redaktionelle Handschrift weiterhin essentiell. Auf Newsportalen wird es voll-personalisierte Bereiche geben, aber daneben auch Bereiche, die von der Redaktion bestückt werden. 

Bei Drive planen wir drei konkrete Dinge als nächste Schritte in unserer Personalisierungsreise:  

  • In vielen Experimenten werden wir unsere Algorithmen auf die Bedürfnisse regionaler Verlage finetunen 
  • Wir werden neue Varianten der Personalisierung testen, um bspw. die besten verpassten Stücke eines Nutzers vorschlagen zu können 
  • Wir wollen in der Lage sein, Nutzerfeedback (Zero-Party-Data) noch schneller in unseren Vorschlägen zu berücksichtigen. 

Das Thema Personalisierung wird Medienunternehmen die nächsten Jahre intensiv beschäftigen. Wenn Sie mehr über Personalisierung erfahren möchten, geben wir Ihnen gerne einen tieferen Einblick. Sprechen Sie uns gerne an! 

 

Autoren:

Dr. Christoph Mayer, Geschäftsführender Partner, c.mayer@schickler.de

Jonah Kresse, Senior Data Scientist, j.kresse@schickler.de

 

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