Transformation Endgame – sind Sie Gewinner oder Verlierer?

Mitte des Jahres schrieben wir über das „Transformation Endgame“ (Link zum Artikel) – mit großer Resonanz aus dem Markt der regionalen Medienhäuser. In vielen Medienhäusern ist der Begriff „Endgame“ fester Bestandteil der Kommunikation geworden.

Warum eigentlich „Endgame“? Weil die Transformation von Print zu Digital der Endgegner ist. Und beim Endgegner gewinnt man oder verliert man. Es gibt nichts dazwischen.

 

Wer wird gewinnen und wer wird verlieren? Szenarien für Ihr Unternehmen

Aus meiner Sicht gibt es drei Typen von regionalen Medienhäusern:

Der Digital-Experte:
Sie haben schon vor 3 bis 5 Jahren angefangen ihre Produkte stark Richtung Digital zu wandeln. Sie können klar herleiten, wann die digitalen Produkte mit einem Mix aus E-Paper und Plus-Abo ihr Unternehmen finanzieren werden. Ihre Print-Produkte tragen Sie heute noch, aber Sie wissen, wie und wann sich das ändern wird. Gegebenenfalls werden Sie während der Transformation ein bis zwei Jahre rote Zahlen schreiben.

Der Digital-Verfolger:
Sie haben die letzten 2 bis 3 Jahre mit der digitalen Transformation ihrer Produkte gestartet und sind mitten in einem großen Change Prozess. Digital wächst, aber noch auf geringem Niveau. Sie haben bisher nur eine grobe Vorstellung, ob und wie Digital sie tragen kann. Sie merken aber: der Rückgang der Print-Auflage gewinnt deutlich an Dynamik. In ihrem Haus sind noch nicht alle Mitarbeiter:innen überzeugt, wie die Veränderung gelingen soll. Aber Ihre Führungskräfte ziehen alle an einem Strang und haben einen klaren Kurs eingeleitet. Während der Transformation müssen sie deutlich investieren und werden zwei bis drei Jahre rote Zahlen schreiben.

Der Digital-Nachzügler:
Im Kern arbeiten Sie heute für Print. Wenn Inhalte fertig sind, stellt die Redaktion diese auf die Portale. Sie nennen das „Digital-first“ aber wissen insgeheim, dass sie ganz anders arbeiten würden, wenn ihr ausschließlicher Fokus auf Digital wäre. Ihre Zahlen sagen: wir leben vom Print. Heute, morgen und übermorgen. Sie sehen aber auch die rückläufige Print-Auflage und hoffen, dass es nicht so schlimm kommt. In ihrem Haus gibt es einige wenige Stimmen, die Digital für wichtig halten. Der Großteil der Mannschaft ist der Meinung, dass die Branche einem Trend hinterherläuft und man ja nicht alles mitmachen muss. Wenn der Strömungsabriss einschlägt, werden Ihnen die Beine weggerissen und es bleibt keine Zeit mehr für die Transformation. Ggf. schreiben Sie heute schon rote Zahlen und kratzen daran. Auf dem Weg zu Digital werden Sie vier bis acht Jahre rote Zahlen schreiben. Ob Sie es schaffen werden, hängt vom Umfang Ihrer Kriegskasse ab, die sie in dieser Zeit komplett aufbrauchen werden.

Meine Einschätzung:

  • 20% der regionalen Medienunternehmen zählen zu den Digital-Experten
  • 40% zu den Digital-Verfolgern
  • 40% zu den Digital-Nachzüglern

Von den 40% der Digital-Nachzügler gehe ich davon aus, dass

  • die Hälfte über eine volle Kriegskasse verfügt und mit vielen Schrammen nach Jahren der andauernden Reorganisation das Endgame schließlich gewinnt. Wir werden viel von Managementfehlern reden. Davon, dass die Entwicklung doch absehbar war und man die Print-Auflage und wirtschaftlichen Probleme doch auf einem Bierdeckel hätte berechnen können.
  • die übrige Hälfte, also geschätzt 20% der regionalen Medienhäuser, das Endgame verlieren wird. Sie werden vom Strömungsabriss des Print-Geschäfts kalt erwischt. Nach Jahren von roten Zahlen werden Sie das Geschäft aufgeben. Ggf. wird eine große Mediengruppe die Reste aufsammeln und mit der Marke, dem übriggebliebenen Abonnentenstamm und ihrer über Jahre aufgebauten Plug-and-Play Konsolidierungsexpertise aus dem Gebiet rausholen was noch rauszuholen ist. Aber: auch die einen oder anderen weißen Flächen werden entstehen, in der es keine Regionalzeitung mehr gibt.

 

Wie sieht das Zielbild aus?

Alle reden über „Transformation“ und „Wandel“. Aber wohin eigentlich? Wie sieht das Zielbild aus? Mindestens wirtschaftlich gesehen ist die Antwort gar nicht so schwierig. Die Kostenstruktur eines regionalen Verlags sieht im Durchschnitt so aus (Quelle: BDZV): Ca. 55% der Kosten hängen an Print. Das sind 36% Vertrieb (wovon der Großteil Zustellung sein wird) und 19% Herstellung (also Druck und Papier).

Wow! Über die Hälfte der Kosten sind vom Geschäftsfeld Print abhängig.

 

Was passiert in einer rein digitalen Welt? Diese Kosten entfallen. Kein Papier, kein Druck, keine Zustellung. Es ist schwer vorstellbar. Ich schätze: in 7 bis 10 Jahren sind wir dort. Ggf. wird es dann noch eine gedruckte Zeitung am Samstag geben. Oder als teures Liebhaberprodukt. Aber sicherlich nicht mehr mit exklusiver Frühzustellung. Und sicherlich bei den meisten Verlagen nicht mehr mit eigener Druckerei.

Die Übung kann jeder Verlag für sich machen: wie sieht unsere GuV in einer rein digitalen Welt aus? Wie viele Mitarbeiter werden wir noch haben?

 

Wie sieht der zukünftige Produktmix aus?

Klasse, wenn sich die Kosten halbieren, dann geht die Marge ja hoch. Von wegen! Richtig ist: 50% der Kosten entfallen in einer rein digitalen Welt. Papier, Druck, Zustellung. Aber leider gilt auch: Die Durchschnittserlöse der digitalen Produkte sind deutlich geringer als die für Print. Der Print-Abonnent bezahlt mit der Hälfte seiner Aboerlöse nämlich genau das: das Papier, auf dem er die Zeitung erhält. Den Druck, mit dem seine Zeitung bedruckt wurde. Und die Zustellung, mit der seine Zeitung täglich in seinen Briefkasten geliefert wird.

Sie schaffen es den Print-Abopreis beim E-Paper durchzusetzen – Respekt! Ich denke aber nicht, dass Sie damit eine hohe Marktdurchdringung erreichen werden.

Wenn die Hälfte meiner Kosten entfallen, dann darf mein Produkt maximal halb so teuer werden. Die meisten Regionalzeitungen liegen mittlerweile bei um die 50 Euro Abopreis pro Monat. Wenn ich diese Hälfte der Kosten abziehe, dann muss ein Digital-only Produkt 25 Euro pro Monat kosten. Damit komme ich mit Plus-Abos nicht hin – diese liegen meist zwischen 10 bis 15 Euro pro Monat. Es braucht einen Produktmix mit einem Produkt mit höherem Durchschnittserlös: E-Paper. Damit ich auf einen grünen Zweig komme, brauche ich mindestens 50% Abos als E-Paper, die übrigen als Plus-Abos. Aus meiner Sicht wird das der zukünftige Produktmix sein, den Verlage anstreben.

Und wie viele digitale Abos brauche ich, damit die Rechnung aufgeht? So viele, wie Sie heute Print-Abos haben! Sie haben 100.000 Print-Abos. Dann ist ihr Ziel: 50.000 E-Paper und 50.000 Plus-Abos. Zum Beginn der Transformation wird aus meiner Sicht der Mix eher mehr E-Paper beinhalten – vielleicht 70/30 – und sich dann beim Endgame auf 50/50 einpendeln.

 

So weit so gut. Jetzt haben wir die „Pure Digital“ GuV, den Produktmix und die notwendige Aboanzahl in der Zukunft.

Aber wie komme ich da hin? DAS wird die größte Herausforderung, welche regionale Verlage jetzt zu meistern haben. Und diese betrifft so ziemlich alle Bereiche Ihrer Organisation.

In den nächsten Artikeln unserer „Endgame-Serie“ gehen wir tiefer in die Transformation. Unter anderem sprechen wir über folgende Fragestellungen:

  • Wie sollen wir mit der Zustellung umgehen? Hybrid, Post trägt Zeitung, Zeitpunkte, alles in die Abholbox?
  • Wie sollen wir mit Print umgehen? Customer-Lifetime Value!
  • Welches ist die wichtigste Kennzahl für die Transformation? Erraten Sie nie!
  • Wie gestalte ich E-Paper Pricing und Bundling? Je nach Gebiet!
  • Wie baue ich Digital auf? DRIVE und Co.!

 

Sie haben einige Denkanstöße in diesem Artikel gefunden? Schön. Aber: Wir haben bisher nur an der Oberfläche gekratzt. Darunter, das kann ich Ihnen sagen, wird es hoch spannend. Wenn Sie sich dazu austauschen möchten, freue ich mich auf ihre E-Mail oder Anruf.

Autor: Dr. Christoph Mayer, Geschäftsführender Partner

E-Mail: c.mayer@schickler.de

 

 

Interessiert? Bleiben Sie mit dem SCHICKLER.essentials Newsletter auf dem Laufenden!