Wie daten- und KI-getriebene Kundenbindung die Haltbarkeit von Print-Abonnenten verlängert – ein Projektbeispiel

In einer Zeit, in der Printprodukte zunehmend unter Druck stehen, hat sich eine Verlagsgruppe mit einem ambitionierten Projekt dem Thema Kundenbindung gewidmet.

Das Ziel: Die Haltbarkeit von Print-Abonnements signifikant zu verlängern, die Kundenbeziehung zu intensivieren und den Wertbeitrag jedes einzelnen Abonnenten zu steigern. Das Projekt „AI-/Data-Based Print Retention Management“ zeigt, wie daten-/KI-basierte Prozesse, kreative Kommunikation und agile Umsetzung ineinandergreifen können.

Ausgangslage: Print braucht neue Touchpoints

Im Printbereich fehlt es naturgemäß an digitalen Kontaktpunkten. Während digitale Produkte über Apps, Newsletter und Push-Nachrichten regelmäßig mit ihren Nutzern interagieren, ist der Printkanal oft auf die physische Zustellung beschränkt. Das erschwert personalisierte Kommunikation, bindende Angebote und damit Engagement. Gleichzeitig zeigen alle Erfahrungswerte aus dem digitalen Abonnement, dass die Anzahl relevanter Touchpoints neben den Inhalten der größte Hebel für eine höhere Haltbarkeit ist.

Die Kernfrage ist somit, wie ausreichend digitale Touchpoints mit Print-Abonnenten hergestellt und abonnentenspezifisch gestaltet werden können. Die Verlagsgruppe begegnet dieser Herausforderung mit einem klaren Zielbild: Die Schaffung eines Pools an Kommunikationsinhalten, die entlang der gesamten Customer Journey des Print-Abonnenten – vom Onboarding bis zum Offboarding – zielgruppenspezifisch und weitgehend automatisiert eingesetzt werden können.

Daten als Fundament: Churn Prediction und Segmentierung

Ein zentrales Element des Projekts ist die Einführung eines Machine-Learning-Modells zur Kündigervorhersage (Churn Prediction). Dieses Modell analysiert über 60 Merkmale pro Abonnent – von soziodemografischen Daten über Zahlungsmodalitäten bis hin zu Reklamationsverhalten – und prognostiziert die Wahrscheinlichkeit einer Kündigung.

 

Die Abonnenten werden daraufhin in Risikoklassen eingeteilt. Besonders gefährdete Kunden können gezielt mit passenden Maßnahmen angesprochen werden bzw. werden mit besonders intensiven Touchpoints bedient. Die Segmentierung erfolgt dabei nicht nur auf Basis einzelner Merkmale, sondern auch durch Clusteranalysen und individuelle Mustererkennung. So entsteht ein fein abgestimmtes Bild jedes Kunden.

 

 

Kommunikation entlang der Customer Journey

Die Customer Journey wird als Beziehungsmodell verstanden – mit Phasen wie Kennenlernen, Erlebnis, Entwicklung und Reife. Für jede Phase wurden spezifische Touchpoints entwickelt:

  • Welcome Flow: Ein zehnstufiger E-Mail-Streckenplan begleitet neue Abonnenten über 90 Tage hinweg mit redaktionellen Einblicken, Vorteilsangeboten und interaktiven Elementen.
  • Newsletter-Portfolio: Neue Themenformate wie „Promis“ oder „Family“ sprechen gezielt Interessen der Leserschaft an
  • Exklusive Inhalte: Hinter-den-Kulissen-Videos, persönliche Vorworte der Chefredaktion und interaktive Formate wie Live-Interviews stärken die emotionale Bindung
  • Goodies & Events: Von Buchvorstellungen über Gewinnspiele bis hin zu Clubangeboten wird ein Mehrwert jenseits des Printprodukts geschaffen

Technische Umsetzung und Automatisierung

Die Umsetzung erfolgt in agilen Streams, unterstützt durch Tools wie Jira. Alle Maßnahmen werden in Regelprozesse überführt und technisch verankert / automatisiert – etwa durch CRM-Integration, automatisierte E-Mail-Generierung oder Landingpages zur Datenerfassung.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf der E-Mail-/ Whatsapp-Quote: Diese wurde im Pilotprojekt durch gezielte Maßnahmen wie Transpromo auf Rechnungen, Gewinnspiele und Online-Registrierungswände von 17 % auf über 44 % gesteigert. Ziel ist eine Quote von über 50 % bei Abonnenten mit weniger als vier Jahren Laufzeit.

 

Erste Ergebnisse und messbarer Erfolg

Die Resultate des Pilotprojekts sind vielversprechend:

  • +5 % Abo-Haltbarkeit nach sechs Monaten
  • Zusatzerlöse in 6-stelliger Höhe durch verlängerte Kundenbeziehungen
  • >20.000 neue Leads durch algorithmische Aufbereitung von Altdaten
  • >2.100 neue E-Mail-Adressen bei Bestandsabonnenten
  • >3.000 aktive Teilnehmer an interaktiven Aktionen wie Quiz oder Verlosungen

Diese Zahlen zeigen: Retention Management im Print-Segment ist kein abstraktes Konzept, sondern ein konkreter Hebel zur wirtschaftlichen Stabilisierung und zum Ausbau der Kundenbeziehung.

Ausblick: Skalierung und strategische Verankerung

Das Projekt wird sukzessive auf weitere Titel / Regionen der Verlagsgruppe ausgeweitet. Die technische Infrastruktur – insbesondere die cloud-basierte Datenhaltung in BigQuery – erlaubt eine skalierbare Umsetzung. Die Churn-Prediction-Modelle werden regelmäßig neu trainiert und weiterentwickelt.

Langfristig soll Retention Management als fester Bestandteil der Unternehmensstrategie etabliert werden – mit klaren Rollen, Verantwortlichkeiten und Steuerungsmechanismen. Die Verbindung aus Daten, Prozessen und emotionaler Kommunikation wird dabei zum entscheidenden Erfolgsfaktor.

 

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Kontaktieren Sie Alexander Kahlmann, Managing Partner bei Highberg

E-Mail: alexander.kahlmann@highberg.com

 

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