Fünf zentrale Learnings vom INMA World Congress 2025
Der diesjährige INMA World Congress war (wieder) ein gelungenes, globales Branchentreffen der News-Medien aus allen Kontinenten. Unser Fazit zu den Kongress-Inhalten: Es wurden genau die Themen adressiert, die Entscheider von News-Medien auf ihrer Umsetzungsagenda mindestens managen müssen.
Überraschend oder nicht: Die Herausforderungen und Strategien sind weltweit identisch – ob in Europa, Nordamerika, Down Under oder auf dem afrikanischen Kontinent. Fünf zentrale Themen wollen wir in diesem Newsletter beleuchten.
1. Journalismus braucht Tiefe – und das zahlt sich aus
Journalismus ist heute mehr denn je essenziell für funktionierende Demokratien – insbesondere in Krisenzeiten. Bob Woodward, einer der Enthüller der Watergate-Affäre, erinnerte daran: Guter Journalismus braucht Tiefe und verlässliche Recherche. Lieber eine Quelle zu viel als eine zu wenig.
Was bedeutet das für digitale Geschäftsmodelle? Unsere Antwort: Es passt perfekt zusammen. Auch Nutzungsdaten digitaler News-Angebote zeigen klar: Erfolg kommt nicht durch Masse, sondern durch inhaltliche Fokussierung, Tiefe und moderne UX. Auf der Konferenz war häufig die Rede von „focus areas“ – verbunden mit deutlich weniger Beitragsmenge als in klassischen Printausgaben.
2. Sei einzigartig für den Nutzer – statt nur Traffic zu jagen
Das reine Streben nach Reichweite ist eine Sackgasse. Nachhaltige Geschäftsmodelle brauchen direkte Beziehungen zu Nutzern und Leserinnen. Newsmedien müssen sich auf „Zero-Search“ durch google einstellen.
Im Mittelpunkt: Markenstärke, klarer USP, Fokus auf definierte Themenbereiche, Nutzung von First-Party-Daten und eine enge Verzahnung von Redaktion, UX/Produkt und Lesermarkt. Ziel ist es, aus Traffic Kundenbeziehungen zu machen – und von Search unabhängig zu werden.
Wir finden, das sind wichtige Bausteine, um die Habitualisierung zu verbessern und damit das Kernproblem des Abo-Wachstums zu bearbeiten: Zu hoher Churn.
3. Sei einzigartig auch für Werbekunden
Was für das Abo-Geschäft gilt, gilt genauso für Werbung: „Know your customer“. Aufbauend auf den direkten Beziehungen zu Nutzern und den first party-Daten, ist dies auch der Anspruch im Werbemarkt. Werbekunden erwarten datenbasierte Relevanz.
Operationalisiert wird das Prinzip z.B. im von der New York Times entwickelten Tool „Brand Match“. Das Tool nutzt Gen AI, um das Briefing der Werbekunden zu entschlüsseln und die Kampagne mit Nutzern bzw. Content-Umfeldern zu matchen. Einen ähnlichen Gedanken hatte News24 aus Südafrika, die das Prinzip von User Needs auf Werbekunden übertragen und so Kundenmarken zu Content-User Needs matchen.
Unser Fazit: Nur durch echte Differenzierung und starke Kundenbeziehungen kann man sich vom Preiskampf der großen Plattformen abheben – mit denen wir weder in Reichweite noch in Effizienz mithalten können.
4. Künstliche Intelligenz als Enabler im gesamten Geschäft
Nicholas Thompson, CEO von „The Atlantic“, stellte zentrale und provokante Fragen zum Einsatz von KI und den daraus resultierenden Veränderungen. Überlegen Sie mit:
- „Will it end the web?“
- „Will we have any idea who is real?“ (or who is an agent?)
- „How much better will it make us in our jobs?“
- „What will it do to the early stage careers?“ und
- „What will it do to our readers and how will people get their information in 5 years?“
Jeder wird diese Fragen sicher ein wenig anders beantworten. Aber klar ist: KI verändert das Mediengeschäft fundamental. Wir empfehlen, die Wertschöpfungsprozesse auf Möglichkeiten zu prüfen, sie mit KI-Anwendungen zu verbessern – radikal oder inkrementell.
5. Kooperation mit unabhängigen Storytellern
Mit Noor Tagouri war eine enthusiastische Vertreterin unabhängiger Journalisten auf der Bühne. Sie wurde ausgebildet von klassischen Medien und suchte ihren eigenen Weg abseits von diesen. Viele unabhängige Stimmen – auch Nicht-Journalisten – haben mittlerweile ihre kleineren bis riesigen eigenen Communities aufgebaut– fernab etablierter Häuser.
Die Frage: Wie können etablierte Medienmarken mit diesen unabhängigen Stimmen kooperieren? Auf dem INMA-Kongress wurde dazu diskutiert, wie sich gemeinsame Inhalte, Reichweiten und Community-Zugänge schaffen lassen – ohne redaktionelle Standards zu kompromittieren.
Ausblick: INMA 2026 in Berlin
Der nächste INMA World Congress findet 2026 in Berlin statt. Unser Wunsch: Dass jedes Medienhaus bis dahin bei den in New York diskutierten Themen spürbare Fortschritte gemacht hat.
Gerne stehen wir für einen vertiefenden Austausch zu den dargestellten Themen zur Verfügung.
Patric Tongbhoyai, Partner Highberg
patric.tongbhoyai@highberg.com
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