Dabei sein ist nicht alles – harter Wettbewerb um TV-Sportrechte

War früher wirklich alles besser? 2018 werden wir es wissen – ggf. auch schon früher.

Über viele Jahre war eine komplette und umfassende Berichterstattung von Sport-Großereignissen in den öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern für deutsche TV Zuschauer selbstverständlich. Gleichzeitig haben sich private TV-Sender regelmäßig beschwert, dass sie nicht gegen die finanzielle Macht der gebührenfinanzierten Sender ARD und ZDF ankommen. Die Quoten der RTL- oder Pro7-Gruppe zum Zeitpunkt olympischer Sommerspiele oder einer Fußball-WM waren weder für Programmveranstalter noch Werbekunden ein Grund zur Freude.

Mit der exklusiven TV-Rechtevergabe des IOCs für die Olympischen Spiele 2018-2024 an Discovery Communications wendet sich das Blatt. Doch was bedeutet das für den Zuschauer und den Werbemarkt?

Exklusivität über alle Plattformen – ein Novum

Ende Juni 2015 hat sich der TV-Konzern Discovery Communications, zu dem seit letztem Jahr auch Eurosport gehört, die europäischen TV-Rechte für die Olympischen Spiele 2018-2014 für die Summe von 1,3 Mrd. Euro gesichert. Die Rechte umfassen alle Plattformen exklusiv: Free-TV, Pay-TV, Online und Mobile. ARD und ZDF, die ebenfalls ihr Angebot für die Rechte abgaben und wahrscheinlich davon ausgingen, eine gute Chance für den Zuschlag zu haben, gingen bei dem Deal zur eigenen Überraschung leer aus.

Dieser Deal bietet neue Potenziale der kommerziellen Vermarktung, denn die Sender der Discovery Familie unterliegen nicht den strengen Werberestriktionen der öffentlich-rechtlichen Sender (insb. kein Werbeverbot nach 20 Uhr). Discovery will zudem einen eigenen Olympiakanal schaffen, der auch außerhalb der Spiele rund um die Uhr Bewegtbild zum Thema Olympia zeigt. Hierzu erhält Discovery Zugang zum gesamten IOC-Archiv.

Die Reaktionen aus dem Werbeumfeld sind positiv: neben dem vergrößerten Werbeumfeld sind Werbeverträge langfristig und crossmedial aus einer Hand realisierbar. Außerdem kann durch die plattformübergreifende Vermarktung flexibel auf das sich ändernde Nutzungsverhalten reagiert werden: Denn wer weiß heute schon, welches Nutzungsszenario für die Olympischen Spiele 2024 in den einzelnen Zielgruppen vorherrschend sein wird?

Der Split, welche Inhalte im Free- bzw. im Pay-TV zu sehen sein werden und auf welchen Sendern ausgestrahlt wird, ist noch unklar. Discovery muss sich zwar an rechtliche Vorgaben halten (z.B. 200 Std. der Sommerspiele im Free-TV), verfügt aber dank der Konzernstruktur sowohl über Free-TV Sender als auch über Pay-TV Sender. Der Streaming Service des Konzerns „Dplay“ soll kurzfristig europaweit ausgerollt werden.

Sublizensierung als Hoffnungsschimmer

Discovery­-CEO David Zaslav verkündete dennoch Gesprächsbereitschaft für alle Sender zum Thema Sublizenzierung und Partnerschaften. Hierzu IOC-Präsident Thomas Bach: “Discovery ist jetzt der Gate-Keeper für die Rechte […] Zum ersten Mal hat ein einziges Medienhaus alle Olympia-Rechte für Europa erworben. […] Wir freuen uns auf eine neue Ära der olympischen TV-Übertragung in Europa.”

Für ARD und ZDF ist also noch nicht alles verloren. Aber abhängig vom Business Case des Wettbewerbers zu sein und die Refinanzierung des Deals zu unterstützen entspricht sicher nicht ihrem Selbstverständnis.

Für den deutschen Markt hochwertiger TV-Sportrechte ist auch die Signalwirkung für die in 2016 anstehende Vergabe der Bundesligarechte spannend. Nach der Vergabe erster Qualifikationsspiele zu EM 2016 sowie WM 2018 an RTL werden zukünftige Entscheidungen noch stärker unter Beobachtung stehen. Britische Verhältnisse sind sicher nicht das, was sich öffentlich-rechtliche Anbieter wünschen. Und auch die privaten deutschen Sendergruppen müssen aufmerksam beobachten, wie konsequent internationale Medienkonzerne agieren.

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